… oder rössige Rosen. Einer der ersten Kinderwitze kam mir heute in den Sinn. Er wurde mir damals von meinen Eltern erzählt. Es ging um einen Knaben, der auf seinen Wunschzettel etwas unbeholfen geschrieben hatte: Ein Röselein und ein Weggelein. Er war dann sehr enttäuscht, als er nur eine Blume und ein weisses Brötchen erhielt, wo er doch an ein Rösslein mit einem Wägelein gedacht hatte.
Liebe Bekannte von mir in Seen schwärmen von jenem wundersamen Waldplatz am Beginn des Steintobels, südlich der Eschenberg-Lichtung. Sie nennen ihn den Zauberplatz. Die Szenerie mit der von den zusammenfliessenden Bächen wild zerklüfteten Sandsteinfluh im diffusen Licht der hohen Laubbäume, mit kleinen Höhlen, Tümpeln, Wasserkaskaden und bizarren Totholzgebilden hat tatsächlich etwas Faszinierendes, Zauberhaftes. Weil mittendrinn eine
fünfgliedrige Weggabelung eine „Hand“ bildet, exakt wie die riesige Pratze eines grossen Waldgeistes, habe ich im Frühjahr 2008 meine Versli zu diesem Naturschauspiel „Waldgeischter-Hand“ genannt (siehe Kategorie „Chliini Poesie“ in diesem Blog). Ich verwendete darin unter anderem die offiziellen geographischen Bezeichnungen „Rosenbach“ und „Rosenstrasse“.
Das Epos ist jetzt Abfall. Bei meiner heutigen Exkursion ins Steintobel traute ich meinen Augen nicht. Die vertrauten hölzernen Waldstrassen-Schilder der Rosenstrasse sind durch neue ersetzt. Sie fallen sofort auf, weil sie so schön neu sind, glänzend lackiert und die eingekerbte Schrift mit leuchtend-neuer roter Farbe ausgezogen. Das Strässchen, in meinem Hand-Vers der kleine Finger, heisst jetzt „Rossenstrasse“. Zuerst dachte ich an einen Fehler. Schreibfehler auf einem offiziellen Schild sind ja immer besonders peinlich, wenn auch lustig. Aber nein! An der Kreuzung mit der Burgstallstrasse kommt die Bestätigung: nochmals „Rossenstrasse“. Falls entsprechende Forschungen über historische Flurnamen zu dieser Korrektur geführt haben, ist die Erkenntnis ja sicher wichtig genug, dass wir noch davon hören werden. Oder beschäftigt vielleicht das städtische Forstamt einen Lehrling mit Migrationshintergrund?
Bravo, wunderbar beobachtet. Ich wohne zeitweise in Lauenen, bis anfangs Jahr „im Fang Vollhorn“, seit 1. Jan. 11 aber „Hinterseestrasse“. Ja, ja der Lauenensee ist schön – aber 1 1/2 Std, steil bergauf von mir entfernt! In der näheren Umgebung gibt es ähnliche Strassenerneuerungsschönheiten – auch ein feines Wort.
Gratuliere herzlich zur Aebiroad. Liebe vor allem die Ross-Rose Geschichte. Dank Ihrem liebenswürdigen Sohn werde ich bald kein Compi Depp mehr sein.
Vielen Dank, Frau Schnell, für die Blumen (Rosen). Sie sind möglicherweise nicht gerechtfertigt, bzw. meine Interpretation von Rosse/Rossen ist eher dabei, sich als Fettnäpfchen zu entpuppen. Eine mir zugetragene Meinung lautet dahin, dass Rossen etwas mit Feuchtgebieten oder Mooren zu tun haben könnten. Eine andere mutmasst, dass es ein alter Name sein könnte für Plätze, wo die sogenannte Rasenbleiche durchgeführt wurde. Die rohen Leinengewebe wurden zum Bleichen auf Wiesen ausgebreitet und mit Wasser besprengt (arroser, sic!). Allerdings kommt „Rosse/Rossen“ in einem gegoogelten Etymologie-Lexikon nicht vor und auch das Schweizer Idiotikon kennt den Wortstamm nur im Zusammenhang mit Pferden. Auf der ehemaligen Rosenstrasse habe ich auch noch nie irgendwelche Rosen gefunden, hingegen tatsächlich die Hinterlassenschaft von Rossen (Rosendünger). 🙂
Lieber Hans
es gibt ja auch noch rossige Rosse also Rösslein, die Frühlingsgefühle fühlen oder ähnlich. Und Röslein, die der Knabe bricht, auf das es ewig an ihn denken sollte, doch wie kann es denken wenn es gebrochen ist… Und dann gibt es noch Rosinen…. aber das ist eine andere Geschichte. Ich werde mich bald einmal durch Ihre Schlag-
wörter durcharbeiten interessieren mich sehr, aber vorläufig noch immer „Niederdorfoper“ jeden Abend.Gruss Elisabeth