Regionale Namensgebungen für Speisen und spezielle Zubereitungsarten, natürlich in der entsprechenden Mundart, haben besonders farbige Wortkreationen hervor gebracht. Gerne zitiert und allgemein bekannt sind die unterschiedlichen Namen der süss oder pikant belegten Fladenkuchen vom Flade über die Wääje und die Wèèje bis zur Tünne. Man weiss auch, dass das frühere Welschkorn, heute Mais, im St. Galler Rheintal Türgge heisst und man daraus Türggeribel macht. Oder man kennt verschiedene Namen für den Star der Volkswurstwaren, den Cervelas: Serwilaa, Chlöpfer oder Glepfer und Stumpen. Ebenfalls aus dem speziellen Vokabular der Fleischwirtschaft weiss ich, dass die Bezeichnung für das beliebte Schweins-Nierstück je nach Landesgegend auch Zimmerli oder Schluuch lautet. Den Rekord in Sachen Namensvarianten hält wohl jener bei allen Schlachttierarten vorkommende begehrte Muskelstrang vom Stotzen, der nach Belieben entweder Runde Mocke, Falsches Filet, Fisch oder Schlüsselrieme geheissen wird, um nur die geläufigsten Namen zu nennen. Aus früheren Zeiten, als es noch kaum Schlachtabfälle gab und alles fein säuberlich verwertet wurde, mögen sich alte Leute noch an Grick und Burdi, Gstell und Gnagivorässe erinnern.
Ich wende mich nun aber den Kartoffel-Eintöpfen zu. Seinerzeit, als regelmässig ausser Haus Essender, habe ich im deutschsprachigen Teil des Kantons Freiburg den Häppere-Brägu und im Grenzgebiet Luzern-Land/Aargau die Schnitz-und-drunder kennengelernt. Meine persönliche Leibspeise mit dem besonderen Namen sind jedoch die Schlaberbitzli, mit denen ich aufgewachsen bin und die mir die beste aller Ehefrauen heute noch regelmässig auftischt. Es sind halt nicht so profane Sosseherdöpfel, sondern eben Schlaberbitzli, so lieblich wie der Name klingt und unwiderstehlich nach Lorbeer und Gewürznelken duftend. So einem Namen haften auch Sentimentalitäten an, Kindheitserinnerungen und anheimelnde Gefühle.
In seinem Buch «Windige Höhen» (Ein Sternenberger Roman), worin der promovierte Winterthurer Altphilologe Peter Bosshard seine Erlebnisse als Lehrer der damaligen Achtklassenschule von 1957 bis 1959 in Sternenberg auf höchst unterhaltsame und spannende Art schildert, erfährt man en passant auf Seite 169 ganz besonders Kurliges zu Sprache und Nahrung. Erstens einmal soll es bis Ende des 19. Jahrhunderts einen Sternenberger-Dialekt gegeben haben, der sich dadurch auszeichnete, dass man «L» und «R» weg liess. Me acht äin uus wo t ane chunsch / und säit me ed nüd ächt… Und gegessen habe man damals in Sternenberg Äbchötz und Tüggemues, nämlich Räben- oder Rübenklötze mit (auch hier) Maisbrei.
Peter Bosshard, «Windige Höhen», Editions à la Carte Zürich
ISBN 978-3-905708-27-1
Bitte mit vollständigem Rezept! Mit Lorbeer und Gewürznelken – tönt nicht schlecht!
Gruss
Jost