Bis 1969 hielt der italienische Staat das Monopol auf den Salzverkauf. Dies erklärte damals, weshalb die unentbehrliche Küchen-Zutat überall dort, wo sie zu kaufen war, besonders auffällig ausgeschildert wurde. «Sali e tabacchi» hiess es bei den südlichen Nachbarn an jeder Hausecke. Der Begriff wurde zu einem Synonym für «Kiosk», weil diese Art von Verkaufsstelle spezialisiert war auf das Abliefern von Konsumsteuern auf Genussmitteln.
«Sale» ist wieder gross in Mode. Auf Schritt und Tritt begegnen uns in diesen Tagen an Schaufenstern und in Ladengeschäften auffällige farbige Schilder mit dieser Aufschrift. In Zeitungsinseraten und auf aller Art von Werbepost prangt das geheimnisvolle Wort unübersehbar. In der Schweiz sind wir uns zwar gewohnt, die Warendeklarationen auf den Selbstbedienungsartikeln in mindestens zwei bis drei der vier Landessprachen zu lesen. Aber was soll nun dieses «Sale»? Haben die Rheinsalinen eine Tessiner Werbeagentur angestellt? Das ist es wohl nicht, denn, was sollten unsere Landsleute in der Romandie mit diesem Begriff anfangen, der bei ihnen nicht nur «schmutzig» sondern oft im übertragenen Sinn «dreckig» bedeutet? Werbung muss ja bekanntlich auch daran denken, dass mögliche negative Assoziationen kontraproduktiv wirken.
Sei dem wie es wolle: Das massenhafte Auftreten der Sale-Schilder über Wühltischen lässt einen Zusammenhang mit «Ausverkauf» vermuten. Und da kann man sich ja auch vorstellen, dass den Marketing-Fritzen unser eigenes grosses Sprachangebot zu wenig ist. Aber in einer Gesellschaft, wo selbst die Sportklubs Lions, Flyers und Lakers heissen erstaunt dies eigentlich nicht so sehr.
Liebe Detailisten, die ihr von Zeit zu Zeit eure Lagerbestände mittels Preisnachlass zu liquidieren trachtet: Bezeichnet die Schnäppchen doch nicht länger als salzig oder dreckig.
Hans, es ist wieder Hochsaison für Salz und Dreck! Wo man geht und steht: Sale, sale, sale!